Mit dem Begriff „Multiple Persönlichkeiten“ beschreibt man seit Ende der 1980er Jahre einen ganz speziellen Überlebensmechanismus der Seele. Wenn ein Kind in extremer Weise mißhandelt und gefoltert wird, so dass weder fliehen noch kämpfen möglich ist, um der Gewalt zu entkommen, dann werden die Erlebnisse auf verschiedene Anteile der Seele oder der Psyche aufgeteilt, um sie besser ertragen zu können.
Diesen Vorgang nennen die Fachleute auch „Dissoziation“, Spaltung, weshalb der eigentliche Fachbegriff für multiple Persönlichkeiten auch „DIS“, dissoziative Identitäts-Störung heißt. Das ist allerdings eine medizinische, meiner Meinung nach recht sperrige Bezeichnung. Viele Überlebende extremer Gewalt finden es unerträglich, wenn ihr System unterschiedlichster Persönlichkeiten, das sie entwickelt haben, um die Gewalt zu überleben, als „Störung“ oder „Krankheit“ bezeichnet wird. Sie selbst reden von Dissoziativer Identitäts-Struktur (DIS), und von sich selbst z.B. als „Multis“, als „Systeme“, meistens aber einfach als „Viele“ oder „Wir“.
Film „Ein Körper mit System“
Über den Alltag eines solchen Systems verschiedener Innenpersonen (zwei Frauen, zwei Männer, ein Kind) im gleichen Körper habe ich 2005 den Film „Ein Körper mit System“ veröffentlicht. Dabei waren uns folgende Dinge wichtig:
- „Ein Körper mit System“ ist jugendfrei, das heißt, im Film wird die extreme Gewalt, die die Hauptpersonen erlebt haben, nicht ausführlich erzählt oder ausgeschmückt oder in Bildern suggestiv angedeutet.
- Der Film legt seinen Schwerpunkt nicht auf das Leiden, sondern auf das Überleben, das Leben „danach“. Er schildert auch die komischen Momente und die Erfolge der Therapie, ohne die Schwere hinter dem Überleben zu verschweigen.
- Der Film ist so kurz, dass er auch im Schulunterricht eingesetzt werden kann (25 min.).